Sanft zwischen Adria und Apennin eingebettet, zählen die Marken zu den abwechslungsreichsten Regionen Italiens. Von den großen Adria-Küstenstädten im Osten über teils direkt hinter der Küste beginnendes Hügelland bis hin zu den steilen Erhebungen des Apennin an der Grenze zu Umbrien und Abruzzen auf bis zu 2.476 Meter Seehöhe ist für Abwechslung und natürliche Schönheit gesorgt, von den unzähligen Naturparks und Schutzgebieten ganz abgesehen. Dennoch bleiben die Marken ein Geheimtipp und sind voller magischer kleiner Orte, die dich bestimmt verzaubern werden. Die italienische Vereinigung „I borghi più belli d’Italia“ fasst die schönsten Orte Italiens zusammen – und in den Provinzen Ancona, Ascoli Piceno und Fermo gibt es jede Menge davon.
Provinz Ancona
Unser erster Stopp führt uns in die Provinz Ancona, die sich wie ein schmaler Streifen von der Küste bis zu den Bergen erstreckt. Neben der etwas verschlafenen Hauptstadt, einst von Griechen kolonisiert und von Römern erobert, findest du hier mit Loreto den nach Rom zweitwichtigsten Wallfahrtsort des Landes. In der Basilika vom Heiligen Haus befindet sich jenes Haus, in dem Maria aufwuchs und die Verkündigung erfuhr. Obendrein erwarten dich fünf der schönsten Orte Italiens in der Provinz Ancona.
Arcevia
Arcevia (ca. 4.300 Einwohner) befindet sich in strategisch günstiger Position im Tal des Flusses Misa. Das erklärt, warum der Ort wohl bereits in der Jungsteinzeit besiedelt war. Verschiedene archäologische Ausgrabungsorte legten Funde bis in die Bronze -und Eisenzeit frei, darunter eine Nekropole keltischer Gallen. Hinter den mächtigen Mauern aus dem 13. Jahrhundert, die Arcevia ihren Namen gaben, erwartet dich unter anderem die eindrucksvolle Barockkirche San Medardo mit großartigen Renaissancearbeiten. Sie beinhaltet außerdem das archäologische Museum der Stadt.
Corinaldo
Ein über 900 Meter langer Mauerring, der Corinaldo (ca. 4.700 Einwohner) seit dem 15. Jahrhundert umgibt, lädt dich zu einer spektakulären Tour ein, begleitet von mächtigen Türmen, Wehrgängen und Festungswallen. Das Herzstück des Ortes ist jedoch die Piaggia, ein Aufgang von 100 Treppen, umgeben von roten Ziegelhäusern. Sie führt dich zum Pozzo della Polenta, ein Brunnen, um den wilde Geschichten um einen Sack Mehl ranken, und der seit den 1980ern ein Stadtfest inspiriert. Die mächtige Kirche Santa Maria del Suffragio mit ihrer Terrakotta-Fassade trägt ihre römische Inspiration mit Stolz.
Morro d‘Alba
Auch in Morro d’Alba (ca. 1.800 Einwohner) sind die Stadtmauern eine Sehenswürdigkeit für sich. Genauer gesagt ist es ein Teil davon, die sogenannte Camminamento di Ronda oder „La Scarpa“. Hierbei handelt es sich um einen überdachten Korridor von etwa 300 Metern Länge, der durch seine Fenster den Blick auf die Sibillinischen Berge, den Monte Conero und sogar das Meer freigibt. Zudem kommst du an zahlreichen Turmeingängen vorbei, die teils für die Öffentlichkeit freigegeben sind, darunter das Erntemuseum Museo Utensilia.
Offagna
Wie so viele Orte der Provinz ist Offagna (ca. 2.000 Einwohner) vor allem für seine Rocca bekannt, Teil der großangelegten und regionsübergreifend Verteidigungsanlagen der einstigen Republik Ancona, die sowohl die Häfen als auch das Hinterland schützen sollten. Mitte des 15. Jahrhunderts erbaut, konnte sie sich ihr ursprüngliches Aussehen weitestgehend behalten. Eine Tour über den Wehrgang, vorbei an hohen Mauern und noch höheren Türmen, bringt dich unter anderem zu einer Dauerausstellung über alte Waffen sowie einem naturwissenschaftlichen Museum, das dem in Ancona geborenen Forscher Luigi Paolucci gewidmet ist. Etwas außerhalb blickt die reichhaltig dekorierte Villa Montegallo direkt aufs Meer.
Sassoferrato
Einst erhob sich die antike Stadt Sentinum am Ausläufer des Apennin von Umbrien und den Marken. Ihre Reste und Funde kannst du heute im archäologischen Museum von Sassoferrato (ca. 7.000 Einwohner) bestaunen. Die imposante Festung von Albornoz wurde im 14. Jahrhundert direkt auf den Ruinen erbaut und sollte den Ort schützen. Im Kloster Santa Croce, das aus Überresten Sentinums errichtet wurde, wird das Mittelalter greifbar gemacht. Das gilt auch San Pietro, das nach einem Einsturz jedoch deutlichen Renaissance-Anstrich erhielt. Die gotische Kirche San Francesco beeindruckt hingegen mit unzähligen Gemälden und Fresken.
Provinz Ascoli Piceno
Der faszinierende Travertin-Stein hinterließ seine Spuren in der gleichnamigen Kunststadt Ascoli Piceno und macht die vergleichsweise kleine Hauptstadt zu einem echten Hingucker. Ebenfalls sich in einem dünnen Streifen von Ost nach West erstreckend, erwartet dich viel Abwechslung und manch eine verschlafene Ortschaft im Herzen des Landes. Die drei schönsten Orte in der Provinz Ascoli Piceno machen diese Abwechslung greifbar.
Grottammare
Enge Gassen führen durch das bereits in der Steinzeit besiedelte Grottammare (ca. 14.000 Einwohner), an der Küste gelegen und von einer gewaltigen Burganlage aus dem 11. Jahrhundert dominiert – einst Anziehungspunkt für allerlei Prominenz, darunter Komponist Franz Liszt. Zu den Highlights zählt der umfassend renovierte Torrione della Battaglia, eine Verteidigungsanlage aus dem 16. Jahrhundert, in der an die 250 Kunstwerke und Skulpturen ausgestellt sind, sowie die eng mit Papst Sixtus V. verbundenen Kirchen San Giovanni Battista und Santa Lucia. Als moderner Farbtupfer entführen dich die Art-Nouveau-Villen am Hafen ins späte 19. Jahrhundert.
Montefiore dell’Aso
Der Legende nach erhielt Montefiore dell’Aso (ca. 2.300 Einwohner) seinen Namen von Flora, der römischen Göttin der (Getreide-)Blüte. Dazu passen die zahlreichen römischen, aber auch steinzeitlichen Funde in der Region. Hinter dicken Stadtmauern mit sechs Wehrtürmen verbirgt sich eine charmante Ortschaft, die vor allem für ihre Vielzahl an Palästen aus dem 18. Jahrhundert bekannt ist. Ein absolutes Muss ist jedoch die Kirche San Francesco, zwischen 1247 und 1303 erbaut, deren Fassade immer noch in ursprünglichem Glanz erstrahlt. Hinter dem romanisch-gotischen Mauerwerk erwartet dich jedoch ein radikal renovierter Bau im Barockstil. Das angrenzende Kloster wurde inzwischen in ein Museum für Kunst, Film und Völkerkunde umgewandelt.
Offida
Die Wurzeln Offidas (ca. 5.200 Einwohner) sollen laut entsprechender Funde ebenso auf die Steinzeit zurückgehen. Ab dem 9. Jahrhundert erlebte der Ort eine Blütezeit durch die landwirtschaftlichen Tätigkeiten der Benediktinermönche aus Farfa. Nach und nach entstanden die Stadtmauern und das Rathauses, bevor nach jahrhundertelangen Auseinandersetzungen der Kirchenstaat die Macht ergriff. Gleich acht Kirchen erinnern an diese Zeit, darunter die prächtige Santa Maria Rocca, zu drei Seiten von Schluchten umgeben. Das gewaltige romanisch-gotische Gebäude mit seiner klar definierten und doch verspielten Fassade sowie den Fresken im Stile eines Giotto wird auch dich in seinen Bann ziehen.
Provinz Fermo
Bis ins Jahr 2004 war die Provinz Fermo ein Teil von Ascoli Piceno und wurde schließlich – als noch schmalerer Landstrich, der das Bergland nur streift – eigenständig. Eindrucksvolle Architektur von römischem Erfindungsgeist bis hin zu imposantem Theaterbau ziert die Hauptstadt, zudem erwarten dich gleich mehrere prächtige Hafenstädte. Und dann sind da noch die drei schönsten Orte der Provinz Fermo, die gewiss für Begeisterung sorgen werden.
Moresco
Ein siebenseitiger Turm erhebt sich im Herzen von Moresco (ca. 600 Einwohner). Warum dieser 25 Meter hohe Gigant aus dem 12. Jahrhundert diese besondere Form aufweist, ist nicht klar, doch hast du von oben einen tollen Rundblick von Gran-Sasso-Gebirge bis zur Küste Albaniens. Auch der Glockenturm ragt sichtlich in die Höhe. Die Glocke aus dem 16. Jahrhundert schlägt noch immer. Im 16. Jahrhundert, eine Zeit großen Reichtums, erhielt Moresco zahlreiche Kirchen, darunter San Lorenzo mit einer Vielzahl an Gemälden aus dem 17. und 18. Jahrhundert sowie Madonna dell’Olmo mit einem großen Fresko von Vincenzo Paganini. Die einstige Kirche Santa Sofia wurde hingegen zu einem kleinen Theater umfunktioniert.
Petritoli
Um das Jahr 1000 wurde Petritoli (ca. 2.100 Einwohner) an einer Abzweigung der Römerstraße Via Salaria von den Mönchen des Klosters Farfa auf einem der sieben Hügel der Region gegründet. Zum Einstieg empfehlen wir dir einen kleinen Rundgang durch Borgo Vecchio mit seiner Hauptstraße, die mit Terrakotta-Portalen und mittelalterlichen Inschriften geschmückt ist. Zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten zählt Tre Archi, ein Tor aus dem frühen 15. Jahrhundert, das über 400 Jahre später im neogotischen Stil neuerrichtet wurde und nun rein dekorative Zwecke erfüllt. Der Torre Civico besteht aus gleich fünf unterschiedlichen geometrischen Formen, sorgsam übereinander gebaut.
Servigliano
Ursprünglich Castel San Marco nach der den Ort dominierenden Festungsanlage benannt, wurde der Ort aufgrund geologischer Instabilität aufgegeben und an anderer Stelle erneut errichtet. Das heutige Servigliano (ca. 2.300 Einwohner) ist nahezu komplett im neoklassizistischen Stil gehalten. Drei monumentale Tore führen in das Borgo, das wie ein christliches Kreuz angelegt wurde – nahezu einzigartig in ganz Europa. In der Kollegienkirche San Marco sind die Reliquien der Heiligen Servigliano und Gualtiero untergebracht. Traurige Berühmtheit erlangte der Ort für ein Kriegsgefangenenlager aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg, das in der Nachkriegszeit in die wichtige Gedenkstätte Parco della Pace („Friedenspark“) umgewandelt wurde.
Die schönsten Orte der Provinzen Ancona, Ascoli Piceno und Fermo könnten kaum unterschiedlicher sein. Einige werden von alten Festungsanlagen und langen Mauergängen dominiert, wieder andere bemühen natürliche Schönheit, während anderswo gewaltige Kirchen die Szenerie bestimmen. Die Marken haben tatsächlich etwas für jeden Geschmack im Gepäck und laden dich zu einem etwas anderen, mit Sicherheit begeisternden Urlaub in Italien ein.